Schwerpunktthema: Chancen durch Vakanzen

1      Ein vielfach unterschätzter Einsatzgrund

In den Medien, aber auch in der Öffentlichkeitsarbeit vieler Interim-Kollegen werden Vakanzen oft unter Wert gehandelt. Journalisten finden verständlicherweise den Projektanlass Krise aufregender: Sanierung ist sexy. Vor allem wenn andere sie durchleiden. Doch im realen Alltag unserer Branche macht sie höchstens 10 bis 15 Prozent aus. Kein Wunder, bei Jahren guter Konjunktur.

Das neue Modewort ist nicht Sanierung, sondern Transformation. Digitalland Deutschland, Aufbruch 4.0 und so. Stimmt ja alles. Mit 30 Prozent aller Einsätze (laut AIMP-Providerumfrage 2017) steht dieser Projektanlass zurecht im Vordergrund, auch für ZMM.

Aber Vakanzenbrücken sind fast ebenso häufig – warum reden wir darüber so viel seltener?

Natürlich können Vakanzen banal klingen. Interimer B ersetzt Vorgänger A bis Nachfolger C kommt. Oder menschlicher und erfreulicher: Frau X wird Mutter und Person Y muss sie eine Weile vertreten. Temporäre Führungslücken gehören zum Firmenalltag. Sie sollten für niemanden ein Aufreger sein. Zudem lauern auch Rechtsrisiken, wenn Führungsaufgaben 1:1 durch Externe übernommen werden. Dazu unten mehr.

Wer lediglich so weit denkt, übersieht das Wichtigste: Jede längere Vakanz kann Probleme verursachen, sie kann aber auch ein Anlass sein, Arbeitsabläufe zu überprüfen und Wertpotentiale freizusetzen. Hier liegt Geld.

2      Von der Problemvakanz zur Plus-Vakanz

Als Interim-Provider hat man mit leicht lösbaren Vakanzen so gut wie nie zu tun: Das schaffen die Firmen meist mit der berühmten „internen Lösung“. Dies gilt erst recht für die vielen Fälle, wo die Vakanz keine wirkliche Überraschung darstellt, also etwa bei Ursachen wie Rentenantritt oder Mutterschaft. Hier lassen sich Übergangslösungen oder dauerhafte Nachfolgen frühzeitig planen und ungewollte Lücken weitgehend vermeiden.

Bei den für uns typischeren „Problemvakanzen“ sieht es anders aus. Oft genug war die Zusammenarbeit schon zuvor unbefriedigend, weil Firma oder Führungskraft sich mit Trennungsgedanken trugen. Nicht selten bauten langjährige Stelleninhaber verzwickte Systeme und Alleinwissen auf, deren Übergabe an einen Nachfolger keineswegs trivial ist. Oder es gibt Fragezeichen zur Attraktivität des Jobs, des Arbeitgebers oder der Region.

Hinzu kommt, dass solche Probleme sich in der Zeitkette oft kumulieren. Schon vor dem Wechsel „klemmt“ es in der Zusammenarbeit. Dann dauert die Suche länger als geplant. Manchmal springt ein bereits gefundener Nachfolger wieder ab. Ein neu Eingestellter von außen braucht Monate, bis er richtig loslegen kann. In der Summe kann das 12 bis 24 Monate Reformstau bedeuten.

Genau an dieser Stelle setzt unser Vorschlag der Plus-Vakanz an. Jede Vakanz bietet die Chance der Neugestaltung. Nutzen Sie solche Übergangsphasen, um Neues zu entwickeln, Varianten zu erproben und Systeme umzubauen. Gerade nach länger währenden Vakanzen wird ein Nachfolger lange brauchen, bis er allein beim Tagesgeschäft wieder halbwegs à jour ist. An größere Umbauten wird er sich erst viel später herantrauen.

3      Neues BSG-Urteil stärkt Selbstständige

Als reine Lücken-Überbrücker und zur bloßen Fortführung einer Stelle sollte man Interim Professionals nicht einsetzen. Man vergäbe so die Chance zum Wissens­import auf Zeit . Gerade bei länger laufenden Vakanzen und reiner Fortsetzung des Status quo ante könnte sich hier auch die Frage nach der Scheinselbstständigkeit stellen.

Am 31. März 2017 fällte das Bundessozialgericht (BSG) hierzu ein wichtiges Urteil (Az. B 12 R 7/15 R). Erstmals wurde dabei die Honorarhöhe des Selbstständigen relativ zum Verdienst von Angestellten als neues Kriterium eingeführt. Für einen Heilpädagogen, der für den Landkreis Erlangen-Höchstadt Jugendliche als Erziehungsbeistand betreute und dafür Stundenhonorare von 40 Euro und mehr erhielt, wurde die Selbständigkeit bejaht. Wichtig war, dass er weitgehend weisungsfrei arbeiten kann und nicht in die Arbeitsorganisation des Landkreises eingegliedert ist. Liegt das vereinbarte Honorar deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers und lässt es dadurch Eigenvorsorge zu, ist dies ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit (aus der Begründung).

Bei 160 Monatsstunden ergäbe sich hier ein Gesamthonorar von über 6400 Euro. Damit läge ein Selbständiger genau 50 Euro oberhalb der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung.

Mit diesem erstmaligen Bezug auf Einkommenshöhe und Fähigkeit zur Eigenvorsorge kommt das BSG vielen Forderungen von AIMP, DDIM und anderen Verbänden von „Solo-Selbständigen“ entgegen. ZMM beschäftigt sich mit dem Thema Berufssicherheit schon seit einiger Zeit auf unserer Themenseite.

4      Unabhängige Stimme auch in der Vakanz

Der wirkliche Charme unserer Dienstleistung liegt letztlich darin, dass wir im System arbeiten, auch mit dem System, aber darauf achten, dass wir nicht Teil des Systems werden und so die geistige und rechtliche Unabhängigkeit wahren. Dies gelingt uns umso eher, je mehr wir auch beratende und konzeptionelle Beiträge leisten, je weniger Routineaufgaben wir übernehmen und je deutlicher wir machen, dass temporäre Führungsausübung aus den gleichen Gründen notwendig ist, aus denen auch ein Fahrzeugentwickler sein eigenes Produkt regelmäßig steuern muss, um es besser fortentwickeln zu können.

Insgesamt ist Führungskompetenz ein elementares Leistungsversprechen unserer Dienstleistung. Es geht um Management auf Zeit. Dabei sorgen wir bei unseren Kunden dafür, dass auch ungeplante Wechsel im Führungs­tab­leau keinen Stillstand bedeuten.