Leitartikel Dr. Anselm Görres: Lebenslauf Glückssache?

ZMM-Newsletter Ausgabe II/2019

Dieser Artikel erschien im ZMM-Newsletter April 2019. Den vollständigen Newsletter können Sie hier lesen

Wie oft begeben sich angestellte Manager auf Job-Pirsch, alle drei bis vier Jahre? Interim Manager bewer­ben sich mehrfach jährlich. Da sollte man erwarten, dass ihre Lebensläufe die am besten gepflegten sind. Zumal man als Freelancer den CV ja eh nach jedem Projekt aktualisiert. Da könnte er doch von Mal zu Mal schicker und gehaltvoller werden könnte. Leider ist es so nur selten.

Woche für Woche gehen bei ZMM viele Neu-Bewerbungen ein, noch öfter erhalten wir Updates von Poolmitgliedern. Oft wissen wir nicht, was uns mehr wundert: Das handwerkliche Ungeschick beim Gestalten oder die inhaltlichen Schwächen vieler Curricula.

1. Und dann, und dann, und dann…

Im Kern besteht jeder Lebenslauf aus einer Chronologie, die hierzulande oft noch traditionell aufsteigend ausfällt. Modebewusste Bewerber verwenden gern amerikanischen Stil: Zeitlich absteigend, aktuelle Position ganz oben. Das soll jeder halten wie er will.

Wir sind eher für die klassische Form, aus zwei Gründen. Zum einen erzählt man Geschichten meist vom Beginn, warum nicht auch den eigenen Werdegang. Zum anderen und vor allem: Auch bei „gestürzten CVs“ hört sich die absteigende Schilderung einzelner Stationen merkwürdig an. Wenn jemand in einer Firma vom Abteilungsleiter zum Vorstand aufstieg, will man diesen Weg dann von oben nach unten zurück gehen? Liest man das (zuvor, zu- vor, zuvor…), klingt es eher nach Abstieg.

Unabhängig von der Reihenfolge gilt: eine bloße Aufzählung von Station zu Station ergibt noch keine Narrative. Nur wenige CV-Schreiber kommen auf die Idee, ihren Berufsweg ein wenig in Phasen zu gliedern, nicht einmal wenn es zu dem ersehnten Gesprächstermin kommt. Wenn sich die eine oder andere große Linie durch den Werdegang zieht, muss der Leser diese meist selbst entschlüsseln? Dabei wäre ja schon ein Überblick der wichtigsten Stationen im Vorspann hilfreich.

Wie habe ich mich diese Woche gefreut, als ein Manager die Vorstellung mit der Frage begann: Darf ich Ihnen vorweg meine wichtigsten Prinzipien im Geschäftsleben nennen? Nur wenige halten es so.

2. Heikles Thema Selbst-Interpretation

Der Leser will nicht nur nackte Fakten lesen, sondern besser verstehen, mit welcher Persönlichkeit und welchen durchgängigen Kompetenzen und Haltungen er es zu tun hat. Natürlich ist dieser Teil heikler, denn objektive Aufgaben und Erfolge lassen sich beschreiben, die Selbstbeschreibung muss den goldenen Mittelweg zwischen Eigenlob und übertriebener Bescheidenheit finden.

Die bekannten Münchner Autorinnen und Management Coaches Dorothea Assig und Dorothee Echter betonen die unsichtbare Schwelle zwischen Middle Management und Top Management. Beide müssen Leistung bringen, aber der Übergang in höhere Führungsebenen verlangt nicht zuletzt eine andere Kommunikation, auch im CV. Top Manager schreiben anders, sie machen auch ihre Ambitionen deutlicher. Das Wichtigste gehört vor die Klammer. Ein Motivation Letter wie bei Festbewerbungen ist im Interim-Geschäft nicht üblich – umso mehr gehört dann das Thema Motive und Anliegen auch in den CV.

3. Kämpfe mit Interpunktion und Rechtschreibung

Die meisten Autoren nutzen Word, aber nutzen es nicht wirklich aus. Da werden Zeileneinzüge mit Leerzeichen und vielen Tabs generiert, alte, neue und falsche

Rechtschreibung vermischt, ein Übermaß an Anglizismen verwendet und die Feinheiten des Bindestrichs ignoriert.

Man muss zum Beispiel auch wissen, dass wenige englische Begriff in den deutschen Texten Word dazu verleiten können, den ganzen Satz für Englisch zu halten.

Apropos Englisch – für Bewerbungen in Europa sollten wir als Europäer britisches Englisch verwenden, Brexit oder nicht.

So meiden Sie den Kampf mit dem Bindestrich

►  Er ist kein Gedankenstrich – aber Word kann man beibringen, dass aus x - x automatisch x – x wird.

►  Für normale Trennungen keinesfalls verwenden – dafür sorgt die Word-Silbentrennung. Die funktioniert aber nur, wenn die Rechtsschreibung aktiviert und dem Text Fremdsprachen richtig zugeordnet sind.

►  Vorlaufende harte Bindestriche (wie bei Tormänner und -frauen erzeugt man mit Strg+Shift+-. (Und ein hartes Leerzeichen hält „5 Mio.“ zusammen.)

Einige weitere Tipps

►  Stellen Sie Persönlichkeit, Arbeitsstil, große Linien und Hauptkompetenzen vor die Chronologie der Stationen oder Ihrer Ausbildung. Hier macht sich auch ein Überblick der Hauptstationen gut.

►  Tabellen sind robuster und leichter zu beherrschen. Nutzen Sie eine zweispaltige Tabelle mit unsichtbarem Rand für alle Stationen oder andere eingezogene Listen, etwa bei der Aufzählung von Sprach- oder DV-Kenntnissen.

►  Bei jeder Station korrekten Firmennamen, Standort, Branche, Umsatz, Mitarbeiterzahl und entsprechende Werte der von Ihnen geführten Einheit anführen.

►  Verwenden Sie vorhandene oder selbst geschaffene Formate, um unterschiedliche Elemente immer gleich aussehen zu lassen. Durch Änderungen weniger Formatabstände können Sie den CV im Nu kürzer oder länger machen.

►  Achten Sie auf einheitliche und klare Schreibweisen von Abkürzungen (Mio. Euro, nicht Mill. Euro…)

►  Aufgaben und Erfolge je Station getrennt nennen.

 

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